Die Tarifkommission im BMAS hat am 26. Februar 2020 den zwischen Bundesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) und IG BAU ausgehandelten Rahmentarifvertrag (RTV) für allgemeinverbindlich erklärt.
In Kraft getreten ist der RTV zum 1.11.2019. Mit der heutigen Entscheidung gilt der RTV rückwirkend vom 1.1.2020 an bundesweit für alle Unternehmen und Beschäftigten im gewerblichen Gebäudereiniger-Handwerk, unabhängig von einer Mitgliedschaft im BIV oder bei der IG BAU.
„Wir haben viel Zeit, Kraft und Kompromissbereitschaft aufgewandt, dass unsere Branche neben allgemeinverbindlichen Tariflöhnen nun auch wieder faire und rechtlich eindeutige Spielregeln hat, die für die gesamte Branche gelten“, so BIV-Geschäftsführer Johannes Bungart. „In Zeiten wachsenden Azubi- und Arbeitskräftemangels sind das hilfreiche tarifpolitische Schritte, um die Attraktivität unserer Branche zu steigern.“
Ab Sommer 2020 stehen in der Branche neue Tarifverhandlungen zwischen BIV und IG BAU an. Dann geht es um die Tariflöhne ab 2021.
Mit knapp 700.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist die Gebäudereinigung Deutschlands beschäftigungsstärkste Handwerksbranche. Der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks vertritt als Arbeitgeber- und Dachverband die Interessen seiner rund 2.500 Mitgliedsbetriebe, die rund 85 Prozent des Marktes repräsentieren.
Zum 1.1.2020 tritt die dritte Stufe der mit der IG BAU vereinbarten Lohnerhöhungen (Laufzeit des Tarifvertrags 2018 - 2020) in Kraft: Der allgemeinverbindliche Branchenmindestlohn in der untersten Lohngruppe steigt auf 10,80 € (West, ab 1.12.2020 bundesweit) bzw. 10,55 € (Ost). Der zweite allgemeinverbindliche Branchenmindestlohn, der Fassaden- und Glasreinigung umfasst (Lohngruppe 6), steigt auf 14,10 € (West, ab 1.12.2020 bundesweit) bzw. 13,50 € (Ost).
Ab Dezember 2020 gibt es in der Gebäudereinigung damit nur noch ein Tariflohnniveau. Sie gehört damit zu den ersten Handwerksbranchen, die die Angleichung von West- und Ostlöhnen vollziehen.
Die Tariflöhne setzen sich weiter deutlich vom allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn ab, der 2020 auf 9,35 € steigt und damit rund 15 Prozent unter den Einstiegslöhnen in der Gebäudereinigung liegt.
Im Kampf um den Fachkräfte-Nachwuchs bietet das Handwerk mit steigenden Ausbildungsvergütungen von 775 €, 900 € und 1050 € je nach Lehrjahr (ab 1.12.2020 bundesweit) attraktive Konditionen. Azubis und Gesellen bieten sich in der Gebäudereinigung weiterhin beste Karriere-, Aufstiegs- und Weiterbildungsmöglichkeiten.
Zum 1.1.2020 steigen die Tariflöhne in der Gebäudereinigung. In den meisten Bundesländern liegt der allgemeinverbindliche Branchenmindestlohn dann bei 10,80 €. Dagegen wurde die starre 450-€-Grenze seit 1.1.2013 nicht mehr an die allgemeine Lohnentwicklung angepasst. Mehr als 100.000 Beschäftigte in der Gebäudereinigung arbeiten an genau dieser Schwelle. Das bedeutet, dass die Unternehmen zu Jahresbeginn all diese Arbeitsverträge anpassen müssen. Und die Beschäftigten bekommen ab 2020 nicht mehr Netto, sondern 15 Minuten mehr Freizeit pro Woche.
Hierzu erklärt Thomas Dietrich, Bundesinnungsmeister des Gebäudereiniger-Handwerks:
„Auch zu diesem Jahresbeginn wiederholt sich die absurde Situation, dass eigentlich gute Meldungen von steigenden Tariflöhnen zu schlechten Nachrichten werden – für Betriebe und Beschäftigte:
Die Bundesregierung macht arbeitnehmerschädigende Politik, weil sie den Beschäftigten zwar ein paar Minuten mehr Freizeit schenkt, sie aber von Tariflohnsteigerungen abschneidet. Von mehr Freizeit lässt sich keine Miete und kein Supermarkteinkauf bezahlen. Die starre 450-€-Grenze ist unsozial, denn sie macht aus Tariflohnerhöhungen finanzielle Einbußen der Beschäftigten.
Die Bundesregierung macht arbeitgeberschädigende Politik. Die 450-€-Grenze führt zu massiver Bürokratie, Arbeitsverträge müssen zu Hunderttausenden angepasst werden, zudem sinkt die Flexibilität. Es ist die Verantwortung der GroKo, dass Minijobs in Zeiten eines sich verschärfenden Arbeitskräftemangels dadurch zu einem absurden Instrument der Arbeitszeitverkürzung mutieren.
Wir erwarten von CDU, CSU und SPD eine Richtungsentscheidung: Entweder sie schaffen Minijobs bundesweit und branchenübergreifend ab. So gäbe es künftig ab dem ersten Euro nur noch voll steuer- und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Als beschäftigungsstärkste Handwerksbranche favorisieren wir diesen Weg, da Minijobs für die Unternehmen die teuerste Beschäftigungsform (Pauschalabgabe von 30 % für Arbeitgeber) darstellen und das Konzept mehr und mehr unflexibel wird.
Wenn es für einen Systemwechsel jedoch keine politische Mehrheit gibt, erwarten wir zumindest eine pragmatische Lösung und damit eine angemessene Anpassung der starren 450-€-Grenze bzw. die Dynamisierung entlang den Steigerungen des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohnes. Für uns wäre auch eine Rentenversicherungspflicht für Minijobber vorstellbar.
Das Aussitzen des Problems, so wie es die Große Koalition seit Jahren betreibt, ist jedoch die schlechteste Option. Diese Minijob-Untätigkeit fügt Arbeitgebern und Beschäftigten Schaden zu.“
Zur Info: Minijobs in der Gebäudereinigung
- In der Gebäudereinigung arbeiten knapp 700.000 Beschäftigte. Damit ist sie Deutschland beschäftigungsstärkstes Handwerk.
- Rund ein Drittel der Beschäftigten hat einen Minijob. Im 10-Jahresvergleich ist das ein deutlicher Rückgang (2008: rund 45 %), der auf die gute Beschäftigung zurückzuführen ist.
- Die hohe Zahl der Minijobber hat vor allem mit den in der Gebäudereinigung kurzen, flexiblen und unterbrochenen Einsatzintervallen zu tun. Oftmals werden Beschäftigte zum Beispiel für nur wenige Stunden sowohl am Morgen als auch am Abend in einem Objekt benötigt.
Am 15. August 2019 fand die bereits 5. Verhandlung für einen neuen Rahmentarifvertrag (RTV) zwischen der Arbeitgeberseite und der Gewerkschaft IG BAU statt. Damit noch 2019 ein neuer RTV in Kraft treten kann, hat der Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks der IG BAU den Entwurf eines fairen neuen RTVs vorgelegt:
- Angebot für alle Beschäftigten: Branchentreue-Bonus beim Urlaub. Einmal 30 Tage – immer 30 Tage!
- Angebot für Gesell/inn/en: Mindestens Eingruppierung in Lohngruppe 6, unabhängig von der tatsächlichen Tätigkeit.
- Angebot für Beschäftigte in der Flugzeugreinigung: Möglichkeit zur Nutzung eines Jahresarbeitszeitkontos.
- Angebot für Industriereiniger/innen: Mehr Industriereiniger/innen erhalten einen Zuschlag von 0,75 Euro auf den Stundenlohn.
- Angebot für alle Beschäftigten: Anspruch auf Vertragsanpassung, wenn sich die regelmäßige Arbeitszeit dauerhaft verändert hat.
- Angebot für alle Beschäftigten für mehr Rechtssicherheit bei Mehrarbeitszuschlägen: Es gibt wie bisher Mehrarbeitszuschläge von 25% ab Überschreitung der 8. Arbeitsstunde am Tag. Dies gilt auch für Teilzeitbeschäftigte und ohne Ausgleichsmöglichkeit für Arbeitgeber.
- Angebot für alle Beschäftigten für mehr Rechtssicherheit bei Feiertags- und Nachzuschlägen: Es gibt wie bisher Sonn- und Feiertagszuschläge in Höhe von 75% und Nachtarbeitszuschläge in Höhe von 25% auf den Stundenlohn.
Trotz grundsätzlicher Übernahme der bisherigen Ansprüche und dieser zusätzlichen Angebote für die Beschäftigten hat die IG BAU das Verhandlungsangebot vollständig abgelehnt.
Die Arbeitgeber wollen so schnell wie möglich einen neuen, fairen und rechtssicheren Rahmentarifvertrag für die Beschäftigten in der Reinigungsbranche und haben daher einen frühen Termin für eine weitere Verhandlungsrunde am 11. September vorgeschlagen.
Dies wurde von der IG BAU abgelehnt!
Es liegt daher nicht in der Verantwortung der Arbeitgeberseite, dass weitere sechs Wochen ohne Verhandlungen nutzlos verstreichen. Durch die fortdauernde Blockade der IG BAU wird der Abschluss eines neuen RTV mit den oben genannten Angeboten unnötig erschwert.
Mehr Urlaub, bessere Lohngruppe für Gesellen, eigener Zuschlag für Industriereinigung und Mehrarbeitszuschläge für alle Beschäftigten – Arbeitgeber legen IG BAU faires Angebot vor
Am 15.08.2019 fand in Frankfurt am Main die 5. Verhandlungsrunde zum Rahmentarifvertrag statt. In diesem sind u.a. Arbeitszeiten, Zuschläge oder Urlaubszeiten geregelt. Lohnbestandteile dagegen gehören nicht in den Rahmentarifvertrag. Es war die erste Verhandlungsrunde, nachdem die Arbeitgeber den seit 1.1.2012 gelten Rahmentarifvertrag haben kündigen müssen. Der Grund: Ein aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (Dezember 2018) hat tief in die Tarifautonomie eingegriffen und bei den Unternehmen zu Rechtsunsicherheit geführt. Das BAG hat – entgegen dem klaren Wortlaut des Tarifvertrages – den Mehrarbeitszuschlag für Vollzeitbeschäftigte auch auf individuelle Überstunden von Teilzeitbeschäftigten ausgedehnt. Das widerspricht dem, was Arbeitgeber und Arbeitnehmer vor acht Jahren beschlossen haben, sodass Neuverhandlungen zwingend notwendig sind.
Zur 5. Verhandlungsrunde erklärt Christian Kloevekorn, Verhandlungsführer der Bundestarifkommission des Bundesinnungsverbandes des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV):
„Die Arbeitgeber sind der IG BAU heute mit einem fairen Angebot in vielen Punkten entgegengekommen. Das unterstreicht unseren Willen, so schnell wie möglich zu einem Abschluss zu kommen.
Die Arbeitgeber machen unter anderem folgende Zugeständnisse, die die Forderungen der IG BAU erfüllen:
- Urlaubsanspruch von 28 bis 30 Tagen, gekoppelt an die Länge der Branchenzugehörigkeit.
- Nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung fangen Gesellen künftig in Lohngruppe 6 an (ab 2020 bundesweit 14,10 € pro Stunde) – unabhängig von ihrer konkreten Tätigkeit und ihrem Einsatz.
- Industriereinigung bekommt einen eigenen Zuschlag von 75 ct pro Stunde.
- Mehrarbeitszuschläge/Erschwerniszuschläge von 25 Prozent pro Stunde für alle Beschäftigten, wenn sie länger als acht Stunden am Tag arbeiten.
Die Forderung nach einem 13. Monatsgehalt (IG BAU spricht von „Weihnachtsgeld“) ist kein Thema für diese aktuellen Verhandlungen. Über ein 13. Monatsgehalt können wir im Rahmen der Lohntarifverhandlungen im kommenden Jahr jedoch grundsätzlich sprechen. Bis Ende 2020 hat die Branche einen laufenden Lohntarifvertrag. Mit Lohnsteigerungen von fast 20 Prozent (2018 bis Ende 2020) sind gerade die Unternehmen in Ostdeutschland weit an ihre Schmerzgrenze gegangen.“